Aussaat, Blumen, Garten

Erwischt!

Wie oft ich es schon mit der Aussaat von Stundenblumen (Hibiscus trionum) versucht habe? So genau weiss ich das nicht mehr. Vielleicht drei-, vier- oder gar fünfmal? Man müsste die Leute beim Saatguthändler meines Vertrauens fragen, die jeweils meine Bestellungen versandfertig machen. „Sie probiert‘s schon wieder“, haben sie vielleicht kopfschüttelnd zueinander gesagt, als sie immer und immer wieder ein Briefchen für mich aus dem Regal holen mussten. „Was die bloss falsch macht, das Zeug ist nun wirklich nicht sooooo schwer zu ziehen …“

Nein, so schwer sollte es wirklich nicht sein, eine Blume zu ziehen, die laut allen Beschreibungen schnell wächst, reichlich blüht und sich fröhlich selbst aussät. An manchen Orten soll sie gar wie Unkraut spriessen. Dennoch ist es mir erst nach zahlreichen Fehlversuchen gelungen, ein paar überlebensfähige Pflanzen an der Südmauer unseres Hauses anzusiedeln.

Die Stundenblumen anzusiedeln war offenbar das eine, sie dann auch noch beim Blühen zu erwischen, das andere. Die Guten öffnen ihre Blüten nämlich nur, wenn die Sonne scheint – und auch dann ist die Pracht bereits nach wenigen Stunden wieder verblüht. Am besten sässe man wohl den ganzen Sommer im Garten, um der Blume beim Wachsen und Erblühen zuzuschauen. Bloss: Wie soll das in diesem sonderbaren Sommer gehen? Zumal ich ja noch andere Dinge zu tun habe, als bei jedem Sonnenstrahl, der durch die Wolkendecke dringt, sofort nach draussen zu rennen um nachzusehen, ob die eigenwillige Schönheit sich nun endlich präsentieren mag.

Ich bin natürlich trotzdem immer wieder in den Garten gerannt – nur um den perfekten Augenblick schon wieder zu verpassen. Mal waren da nur noch ein paar verwelkte Blütenblätter, mal eine vielversprechende Knospe, die am nächsten Tag durch den Dauerregen erledigt wurde, mal ein müdes Blümlein, das gerade dabei war, sein dunkles Auge für immer zu schliessen.

Gut drei Wochen lang ging das so. Bis heute in der Mittagspause:

Und jetzt soll mir bloss keiner übelnehmen, dass ich für den Rest des Sommers im Garten sitzen werde um zu warten, bis es wieder passiert …

Garten

Jetzt bloss nicht aufgeben

Plötzlich war sie da, diese Pandemie und für die meisten von uns stellte sich die Frage: Wohin mit all der Ohnmacht? Den Ängsten? Dieser völlig neuen Art von Stress? Vielleicht auch mit der Langeweile?

Für einige war die Antwort schnell gefunden: in den Garten, natürlich. Irgend etwas muss man doch tun, um diese elende Welt ein wenig besser zu machen. Und gibt es denn etwas Besseres, als Pflanzen wachsen zu lassen?

An all jene, die im letztes Jahr zum ersten Mal gesät, gepflanzt, gejätet und geerntet haben, muss ich in diesen Tagen immer wieder denken. Wie es ihnen wohl ergehen mag in diesem bislang eher schwierigen Gartensommer? Gedeiht der Idealismus noch – oder ist er im Dauerregen ertrunken, vom Hagel erschlagen, von den Schnecken zerfressen, von den Pilzkrankheiten geschwächt, unter den schlechten Nachrichten begraben?

Nun, auch wenn es schwerfällt und an manchen Orten schier unmöglich erscheint, möchte ich doch Mut machen: Jetzt bloss nicht aufgeben!

Erstens, weil dieser Sommer trotz allem noch nicht gelaufen ist. Für ein paar Zinnien, ein bisschen Borretsch und zwei, drei Salate ist es noch nicht zu spät.

Zweitens, weil kaum etwas gnädiger ist, als das Gärtnern. Mag der Sommer noch so schlecht sein, mögen einem noch so viele Anfängerfehler unterlaufen – nächsten Frühling gibt‘s eine neue Chance. Kaum eine andere Sache im Leben erlaubt so viele Neuanfänge.

Und drittens, weil diese Welt wohl nichts dringender braucht als Idealisten, die immer und immer wieder säen, anpflanzen, jäten und ernten, ganz egal, was da draussen wieder alles schiefläuft.