„Warum haben wir eigentlich keinen Rittersporn im Garten?“, fragte meine Mutter letzten Sommer, als wir uns mal ganz Corona-konform am Fenster unterhielten. „Rittersporn? Ach weisst du … “ begann ich mit einem tiefen Seufzer und legte los mit dem Gejammer: Schon hundertmal angesät, nie hat auch nur ein einziges Sämlein gekeimt, die im Frühling gepflanzten Stauden von den Schnecken zerfressen, diejenigen von vorletztem Herbst nach nur einer Saison völlig verkümmert, in der Verzweiflung schon mitten im Sommer blühende Pflanzen gekauft und mitsamt Topf ins Beet gestellt, damit es wenigstens so aussieht, als hätten wir welche… hat alles nichts genützt … so ein Elend … habe komplett versagt und alles falsch gemacht …
Nein, alles natürlich nicht. Was kann ich denn schon dafür, dass Nacktschnecken eine Vorliebe für zarten Rittersporn haben? Und ist es vielleicht mein Fehler, dass die Viecher sich auch durch einen Schneckenkragen nicht von ihrem Fressgelage abhalten lassen?
Was ich aber definitv – und nicht zum ersten Mal – falsch gemacht habe: Ich habe mich bei der Aussaat auf die Angaben auf der Verpackung verlassen. Natürlich stand da nichts Falsches, man muss die Samen ja tatsächlich irgendwann aussäen, nur ganz leicht mit Erde bedecken, gleichmässig feucht halten und bei 10 bis 15 °C keimen lassen. Dass sie vorher jedoch ganz gerne noch ein 24-stündiges Bad nehmen und sich danach ein paar Wochen auf feuchtem Haushaltpapier und mit einem Gefrierbeutel vor dem Austrocknen geschützt im Kühlschrank aufs Keimen vorbereiten, stand auf keinem der unzähligen Saatgutbriefchen, die ich über die Jahre gekauft hatte.

Ob ich das alles ganz genau gemäss Lehrbuch durchgeführt habe, weiss ich nicht. Was ich aber mit Sicherheit weiss: Es hat funktioniert. Nach drei Wochen im Kühlschrank keimte das Saatgut, wenige Tage nach der Aussaat zeigten sich die ersten Keimblätter und inzwischen bin ich stolze Besitzerin von 25 zarten Pflänzchen, die hin und wieder ein paar Spritzer Schachtelhalmbrühe bekommen, ehe sie im Frühling ihren Platz im Garten finden werden.
Müssen also nur noch die Schnecken in Schach gehalten werden.
Und die Viecher machen jetzt schon Zoff.
Als ich die jungen Rittersporne heute früh im Gewächshaus besuchte, fand ich in einem der Töpfe doch tatsächlich eine Nacktschnecke vor. Eine noch ziemlich unterkühlte, vom Winter geschwächte Nacktschnecke zwar, aber halt doch eine, die durchaus in der Lage gewesen wäre, meine ganze Arbeit mit ihren Kauwerkzeugen zunichte zu machen.
Nun, das Vieh ist natürlich im hohen Bogen aus dem Gewächshaus geflogen und die Pflänzchen schweben jetzt in einem ausgedienten Hängeregal hoch über den Beeten.
Was man halt so tun muss, um nicht noch einen Rittersporn-losen Sommer erleben zu müssen …